Zum 1. Januar 2024 fallen in der Schweiz die Einfuhrzölle auf Industrieprodukte (Industriezölle) weg. Gleichzeitig verringert sich die Anzahl der Zolltarifnummern, während die Mehrwertsteuersätze steigen.
Zudem wird wohl 2025 die Mehrwertsteuer für Versandhandelsplattformen eingeführt. Was bedeutet das für international tätige Onlinehändler und den Versand in die Schweiz?
Bereits 2017 hat der Schweizer Bundesrat das Maßnahmenpaket “Importerleichterungen” beschlossen, um die “Hochpreisinsel Schweiz” wieder wettbewerbsfähiger zu machen und den Wirtschaftsstandort Schweiz zu stärken. 2024 ist es nun so weit: Die Aufhebung der Industriezölle tritt - neben weiteren Maßnahmen - in Kraft. Die Plattformbesteuerung wurde dagegen um ein Jahr verschoben, wird aber voraussichtlich zum 1. Januar 2025 eingeführt.
Wird der Versand in die Schweiz für internationale Onlinehändler durch diese Änderungen einfacher oder attraktiver? In diesem Asendia Insights Blogbeitrag gehen wir darauf ein, was die neuen Regelungen konkret bedeuten und wie sie sich auf den internationalen Versand in die Schweiz auswirken.
Wie sehen die Importerleichterungen konkret aus?
Abschaffung der Industriezölle
Ab 2024 fallen bei der Einfuhr von Industrieprodukten in die Schweiz keine Zölle mehr an. Davon ausgenommen sind Fischerei- und Agrarprodukte, die in der Schweiz nicht als Industrieprodukte gelten – auf solche Erzeugnisse und Waren werden auch weiterhin Zölle erhoben. Auf dieser Übersichtsseite des Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft SECO erfahren Sie, welche Produkte von der Aufhebung betroffen sind und welche nicht. Wichtig für den Jahreswechsel: Das genaue Datum der Einfuhr in die Schweiz ist entscheidend dafür, ob für eine Sendung noch Zölle anfallen oder nicht.
Vereinfachung der Zolltarifinfrastruktur
Die Anzahl der Zolltarifnummern wird von derzeit 9.114 auf 7.511 reduziert, da eine detaillierte Unterteilung für die Zollerhebung nicht mehr notwendig ist. Ab dem 1. Januar 2024 gelten darüber hinaus neue, 6-stellige Zollnummern, die die bisherigen 8-stelligen ersetzen.
In dieser Übersicht des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) erhalten Sie weitere hilfreiche Informationen zur neuen Zolltarifstruktur.
Kein präferentieller Ursprungsnachweis mehr nötig
Für Waren, die nach dem Import in der Schweiz verbleiben, müssen keine präferentiellen Ursprungsnachweise mehr erbracht werden. Das gilt allerdings nicht für Produkte, die unverändert wieder ausgeführt werden – und damit auch für internationale Retouren. Onlinehändler sollten also weiterhin Ursprungsnachweise erbringen, damit mögliche Retouren auch beim Export ihren Präferenzstatus behalten.
Änderung der Mehrwertsteuersätze
2022 haben die Schweizer beschlossen, die drei geltenden Mehrwertsteuersätze zu erhöhen. Diese Maßnahme tritt ebenfalls ab dem 1. Januar 2024 in Kraft. Die Änderungen im Überblick:
- Normalsatz: von 7,7 % auf 8,1 %
- reduzierter Satz: von 2,5 % auf 2,6 %
- Sondersatz: von 3,7 % auf 3,8 %
Die neuen Steuersätze müssen ab 2024 entsprechend auf den Rechnungen für Schweizer Kunden ausgewiesen werden, falls eine MwSt.-Pflicht in der Schweiz besteht.
Plattformbesteuerung
Die Mehrwertsteuer für Versandhandelsplattformen kommt, wurde aber auf 2025 verschoben. Voraussichtlich ab dem 1. Januar 2025 müssen Versandhandelsplattformen Lieferungen in die Schweiz, die über ihre Plattform abgewickelt werden, versteuern.
MwSt. rund um den Jahreswechsel
Welchen Mehrwertsteuersatz müssen Sie auf der Rechnung ausweisen, wenn ein Schweizer Kunde kurz vor dem Jahreswechsel bei Ihnen bestellt, das Paket aber erst im neuen Jahr die Grenze ins Nachbarland überschreitet?
- Wichtig ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung, also konkret der Beginn der Lieferung. Liegt dieser im alten Jahr 2023,
müssen Sie auf der Rechnung auch den alten Steuersatz angeben. - Erfolgt die Einfuhr in die Schweiz erst im neuen Jahr, wird die Ware mit dem neuen Mehrwertsteuersatz eingeführt – auch, wenn auf der Rechnung noch der alte Steuersatz angegeben ist.
- Wird die MwSt. dann beispielsweise bei einer Retoure zurückgefordert, kann der tatsächlich entrichtete, höhere Betrag statt des auf der Rechnung ausgewiesenen Steuersatzes zurückgefordert werden.
- Liegt der Zeitraum der Leistungserbringung sowohl im alten als auch im neuen Jahr, muss der jeweilige Anteil unter Angabe des entsprechenden Steuersatzes gesondert ausgewiesen werden.
Warum wurden diese Maßnahmen beschlossen?
Vereinfacht gesagt, wollen die Schweizer durch die Abschaffung der Industriezölle und die Verschlankung administrativer Zollprozesse die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz stärken und Handelsbeziehungen erleichtern. Die Schweiz gilt als Hochpreisland mit vergleichsweise wenig Industrie – daher kaufen sowohl produzierende Unternehmen als auch Verbraucher Industrie- bzw. Gebrauchsgüter im Ausland ein. Sollten die Zölle ursprünglich die heimische Wirtschaft schützen, so lautet der Tenor mittlerweile, dass sie internationalen Handelsbeziehungen offensichtlich eher im Weg stehen und zudem einen hohen administrativen Aufwand verursachen. Auch Industrieverbände wie economiesuisse hatten sich daher frühzeitig für das Maßnahmenpaket ausgesprochen.
Die Schweizer Verbraucher sollen ebenfalls von den Änderungen profitieren, da man sich erhofft, dass Unternehmen Einsparungen an die Konsumenten weitergeben. Dieser Effekt dürfte allerdings durch die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze ausgeglichen werden; viel mehr werden sich die Schweizer Konsumenten künftig darauf freuen können, Konsumgüter im Ausland zollfrei einkaufen zu können.
Bedeutung für internationale Onlinehändler
Die schlechte Nachricht zuerst: Durch den Wegfall der Industriezölle entfällt nicht automatisch auch der Verzollungsprozess. Es sind also auch weiterhin Einfuhrzollanmeldungen für den Import in die Schweiz einzureichen. Da sich der generelle Abfertigungsprozess beim Schweizer Zoll nicht ändern wird, sehen wir beim administrativen Aufwand leider kein Einsparpotenzial für Onlinehändler, die in die Schweiz versenden – von der Abschaffung der Industriezölle profitieren finanziell gesehen in erster Linie die Verbraucher. Andererseits werden dadurch ausländische Händler für die eh schon Crossborder-affinen Schweizer Kunden noch attraktiver; grundsätzlich dürften sich die Maßnahmen also positiv auswirken.
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Da sich die Höhe des Schweizer Einfuhrzolls bislang stets nach Produkt, Gewicht und Ursprungsland (und nicht etwa nach dem Wert der Ware) richtet, profitieren von den Maßnahmen vor allem solche Händler, die eher schwere Produkte verschicken – oder aber Produkte, die der Schweizer Zoll aufgrund der Herkunft oder der Beschaffenheit mit besonders hohen Einfuhrzöllen belegt. So sind beispielsweise die bisherigen Abgaben für den Import von Mode und Bekleidung vergleichsweise hoch; internationale Modehändler und ihre Schweizer Kunden profitieren ab 2024 daher spürbar von den beschlossenen Maßnahmen.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Schweiz durch die in Kraft tretenden Änderungen für international aktive Unternehmen an Attraktivität gewinnt. Schweizer Kunden bleiben gewohnt kaufkräftig und dürften durch die wegfallenden Zölle noch stärker dazu bereit sein, grenzüberschreitend einzukaufen. Onlinehändler müssen nun außerdem nicht mehr befürchten, ihre Kunden durch die Weitergabe der Zollgebühren (sei es direkt oder durch Preisaufschlag) und mögliche Verzögerungen beim Import zu vergraulen.
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