Amazon ist mit Abstand der größte Onlinehändler der Welt. Wie beeinflusst der Gigant den E-Commerce, das Verhalten der Onlineshopper und die Strategien der Konkurrenz?
Ohne Amazon geht im internationalen Onlinehandel so gut wie gar nichts – zumindest im globalen Westen. Wie ist es dazu gekommen und welche Schritte hat der Internetriese unternommen, um zum dominierenden Faktor im E-Commerce zu werden?
In diesem Asendia Insights Blogbeitrag gehen wir darauf ein, welchen Einfluss Amazon auf den internationalen E-Commerce-Markt hat und wie das Unternehmen das Onlineshopping von heute geprägt hat.
Historischer Hintergrund & Meilensteine
Amazon wurde 1994 von Jeff Bezos gegründet, wird 2024 also 30 Jahre alt. Anfangs verkaufte das Unternehmen lediglich Bücher; als Büro und „Fulfillmentcenter” diente Bezos’ Garage in Seattle. Der Name Amazon leitet sich vom Amazonas ab, dem längsten Fluss der Welt – und damit Inspiration für die Geschäftsidee, den größten Versandhandel für Bücher weltweit zu erschaffen.
Nur wenige Jahre nach Gründung entstanden bereits internationale Portale in verschiedenen Ländern wie Deutschland, Brasilien und China, oft durch Übernahme lokaler Onlinehändler. Den Eintritt in den deutschen Markt schaffte Amazon auf diese Weise durch die Übernahme von Telebook. Das Sortiment wuchs ebenfalls beständig und wurde nach und nach um Musik, Unterhaltungsmedien und Elektronik ergänzt. Im Laufe seiner Unternehmensgeschichte konnte Amazon einige Meilensteine erreichen, die den internationalen E-Commerce-Markt nachhaltig beeinflusst haben – so etwa die Einführung des Amazon Marketplace, die eine Reaktion auf die Dotcom-Krise im Jahr 2000 war und den Grundstein dafür legte, dass Amazon heute das größte Internet-Kaufhaus der Welt ist.
- 2005: Einführung von Amazon Prime
- 2006: Gründung von Amazon Web Services (AWS), dem heute führenden Anbieter von Cloud-Computing
- 2009: Der erste E-Reader Kindle kommt auf den Markt
- 2010: Gründung von Amazon Studios zur Produktion eigener Filme und Serien
- 2014: Übernahme von Twitch und damit Einstieg in die Livestreaming-Branche
- 2015: Einführung von Amazon Echo (Alexa)
- 2019: Vorstellung der ersten Lieferdrohne Prime Air
Amazon: Marktanteile & Wettbewerb
Amazon beeinflusst den internationalen E-Commerce-Markt allein dadurch, dass es weltweit mit Abstand der größte Player ist und zahlreiche Märkte dominiert. Viele Onlinehändler sind daher gezwungen, sich entweder auf Amazon einzulassen und etwa über den Amazon Marketplace zu verkaufen, oder aber alternative Strategien zu fahren, um sich beispielsweise eine Nische zu sichern, die der Internetriese nicht abdeckt.
Wichtige Kennzahlen und Statistiken zu Amazons Bedeutung für den E-Commerce:
- 2023 lag Amazons weltweiter Umsatz bei 574,79 Mrd. $. (Statista)
- Bei den meistbesuchten Onlinemarktplätzen nach monatlichen Visits belegt amazon.com mit Abstand den ersten Platz; unter den Top 10 tauchen mit amazon.co.jp und amazon.de weitere Ableger auf. (Statista)
- amazon.de führt das Ranking der umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland mit großem Abstand an. In den europäischen Top 10 liegen mit dem deutschen, dem britischen, dem französischen und dem italienischen Ableger allein vier Amazon-Plattformen. (ecommercedb)
- 56 % der Verbraucher starten ihre Produktsuche im Internet bei Amazon.
- Ca. 60 % der Verkäufe allein auf amazon.com entfallen auf Drittanbieter. (Amazon)
Wie hat Amazon die Erwartungen der Onlineshopper verändert?
Der E-Commerce-Riese hat es im Laufe der Zeit geschafft, neue Maßstäbe in den Bereichen Versandzeit, Auswahl und Preis zu setzen. Amazon ist unter anderem deswegen so erfolgreich, weil es früh erkannt hat, wie die Kunden ticken, wie wichtig ihre Bedürfnisse und deren Erfüllung sind und mit welchen Mitteln es dafür sorgen kann, Kunden an sich zu binden. Gründer Jeff Bezos wird auf der eigenen Unternehmensseite wie folgt zitiert:
„Kunden werden sich immer günstige Preise wünschen, schnelle Lieferungen bevorzugen und eine große Auswahl lieben. Auswahl, Preis und Verfügbarkeit sind essenzielle Kundenbedürfnisse.“
Mit der Einführung des Marketplace hat Amazon sein Sortiment vervielfacht und kann seinen Kunden im Grunde beinahe alles anbieten. Der Wettbewerb der Anbieter drückt außerdem die Preise, da viele Händler die Plattform nutzen, um ihre Reichweite zu erhöhen. So müssen Shopper erst gar nicht woanders nach ihrem Wunschprodukt suchen. Durch die kostenlose Lieferung ab 29 € fällt zudem ein wichtiger Absprunggrund weg: die Versandkosten. Wer noch einen oder zwei Artikel mehr in den Warenkorb legt, hat schnell die erforderliche Schwelle erreicht – psychologisch ein genialer Trick. Mit Prime besteht zudem die Möglichkeit, das gewünschte Produkt am selben oder wenigstens am nächsten Tag zu erhalten.
Neben Auswahl, Preis und Verfügbarkeit hat Amazon zudem frühzeitig auf zwei weitere Instrumente zurückgegriffen, um die Kunden zu überzeugen: Kundenbewertungen und personalisierte Empfehlungen. Den Shoppern ist die Meinung anderer Kunden enorm wichtig; die Bewertungen dienen also als Entscheidungshilfe im Kaufprozess. Personalisierte Empfehlungen wiederum erhöhen die Conversions, da den Kunden vor allem Produkte angezeigt werden, die zu ihrer Einkaufshistorie und damit zu ihren Interessen passen.
All diese Dinge haben nicht nur dafür gesorgt, dass Amazon den internationalen E-Commerce-Markt stark beeinflusst hat, sie haben auch die Erwartungen der Onlineshopper in die Höhe geschraubt. Amazon hat mehr oder weniger eine Benchmark dafür geschaffen, welche Services Onlinehändler heutzutage ihren Kunden anbieten müssen, um erfolgreich sein zu können.
Wie hat Amazons die internationale E-Commerce-Logistik beeinflusst?
Amazon hat nicht nur die Art und Weise verändert, wie die Onlineshopper heutzutage einkaufen, es hat auch in den Bereichen Logistik und Infrastruktur Maßstäbe gesetzt. Dabei hilft natürlich die enorme Größe des Unternehmens, die es ihm erlaubt, ein dichtes Netz an Logistikzentren zu unterhalten, durch die es wiederum kurze Lieferzeiten garantieren kann. So achtet Amazon darauf, dass die Strecke zwischen Logistikzentrum und Endkunde in Deutschland nicht mehr als 120 km beträgt. Da viele Händler Fulfillment by Amazon nutzen, sind die bestellten Artikel auf Wunsch schnell beim Kunden – etwa bei einer Prime-Bestellung mit Same-Day-Lieferung.
Darüber hinaus setzt Amazon in seinen Lagern auf Automatisierung. Roboter unterstützen die Mitarbeiter bei der Lagerung und Kommissionierung, um schnellere Versandzeiten und eine effizientere Lagerung zu gewährleisten. Auch die Investition in neue Technologien wie etwa der Drohnenlieferung via Prime Air könnte die E-Commerce-Logistik der Zukunft prägen.
Welche Möglichkeiten bietet Amazon für Onlinehändler?
Amazon bietet Onlinehändlern hauptsächlich einen besseren Marktzugang. Durch Amazons enorme Reichweite können die Händler Kunden in aller Welt erreichen, ohne dafür eigene Onlineshops eröffnen zu müssen. Die internationale Expansion wird auf diese Weise deutlich vereinfacht. Zudem vertrauen viele Kunden auf Amazon und sind es gewohnt, dort online zu shoppen. Amazons Service- und Qualitätsversprechen färbt also gewissermaßen auch auf die Händler ab, die dort verkaufen – die Kunden werden häufig automatisch davon ausgehen, dass die bei Amazon angebotene Ware qualitativ hochwertig ist, da sie schließlich von der Plattform ihres Vertrauens kommt.
Darüber fallen die Lagerungs- und Marketingkosten für Onlinehändler sehr gering aus: Dank Amazon FBA (Fulfillment by Amazon) können die Händler ihre Produkte direkt in einem der vielen Amazon-Lager lagern, verpacken und versenden lassen, ohne ein eigenes Lager unterhalten zu müssen. Im Marketing müssen sich Händler zwar gegen die Konkurrenz auf der Plattform durchsetzen, allerdings kommen die Kunden von ganz allein. Die Anstrengungen, die es normalerweise benötigt, um Shopper überhaupt auf die eigene Seite zu locken, entfallen. Stattdessen gilt es, sich auf der Plattform selbst gut zu platzieren.
Dieser enorme Konkurrenzkampf hat natürlich auch seine Nachteile und kann in einen Preiskampf ausarten. Dazu kommen die Gebühren, die Amazon für jeden Verkauf berechnet. Onlinehändler müssen daher darauf achten, dass ihre Gewinnspanne groß genug ist, damit sich der Verkauf über Amazon lohnt und gleichzeitig ihre Preise abwägen, um gegenüber der Konkurrenz nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Fazit
Amazon hat enormen Einfluss auf den internationalen E-Commerce-Markt; sowohl, was Händler und Wettbewerb betrifft, als auch auf das Einkaufsverhalten und die Erwartungen der Onlineshopper bezüglich Angebot und Versandzeiten. Durch Amazons große Marktmacht ergeben sich einige Vor-, aber auch diverse Nachteile für Onlinehändler, die international expandieren möchten – in vielen Ländern ist es fast schon unmöglich, viele Kunden zu erreichen, ohne die eigenen Produkte bei Amazon zu listen.
Andererseits treibt Amazon stetig neue technologische Entwicklungen und Innovationen voran, wovon die gesamte Branche bereits profitiert hat oder auf Dauer profitieren dürfte. Für die Verbraucher ergeben sich durch das riesige Angebot, niedrige Preise und schnelle Versandzeiten ebenfalls Vorteile.